Chronik der Historischen Gebirgsschützenkompanie Wolfratshausen
Die Gebirgsschützenkompanie Wolfratshausen hat eine jahrhundertealte Tradition, sie hat ihren Ursprung im späten Mittelalter. Anno 1479 befiehlt Herzog Albrecht dem Landgericht Wolfratshausen eine "Harnasch-Beschau", im ältesten Dokument der Schützenkompanie wird über deren Ergebnis berichtet. Die wehrfähigen Männer der "Harnasch-Beschau" (Brustschutz aus Eisen) gehören zum Landaufgebot der Bauern und Bürger, das "zur Verteidigung der Gränzen und Plätze" im Gebirge und ausschließlich zum Schutz der engeren Heimat bestimmt ist.
Das Landaufgebot ist der Vorläufer der Gebirgsschützen, auch wenn es im Laufe der Jahrhunderte "Landfahne", "Landwehr" und "Bürgerwehr" genannt wird.
Die "Wolfratshauser Landfahne" muss während des "30-jährigen Krieges" einen hohen Blutzoll zahlen, als schwedische Truppen hier ihr mörderisches Unwesen treiben und 1632 der Markt Wolfratshausen geplündert wurde und mehrere Häuser in Schutt und Asche gelegt worden sind.
Von historischer Bedeutung ist auch der Beginn des 18. Jahrhunderts.
Damals hat der "Spanische Erbfolgekrieg" in Europa gewütet.
Als Kurfürst Max Emmanuel im Juni 1703 mit 10.000 Mann in Tirol ein-marschiert, ist auch die Wolfratshauser Landfahne mit ca. 400 Mann dabei, darunter auch Bürger vom Markt Wolfratshausen.
Als sich die Tiroler gegen die baierische Besatzungsmacht erheben und sich Kurfürst Max Emmanuel mit seinem Heer zurückziehen muss, hält die Landfahne Wolfratshausen u.a. (unter dem Kommando von Obrist Seefeldt) das besetzte Kufstein "bis zum letzten Blutstropfen, solange uns Gott das Leben und die Gesundheit belässt", (s. Bavaria Heeresarchiv, Geschichte des Bayerischen Heeres, IX. Abschnitt, S. 959).
Als im Gegenzug kaiserliche bzw. österreichische Truppen Bayern besetzen, es zu Kontributionen und schließlich zu Zwangsrekrutierungen kommt, bricht im Oberland ein großer Aufstand los. Er endet mit der Katastrophe von Sendling, vor den Toren Münchens, wo an Weihnachten 1705 über 1100 Oberlandler der "Churbairischen Landesdefension" niedergemetzelt werden. Unter den Opfern sind auch viele von der "Wolfratshauser Landfahne".
Im Verlauf der Napleonischen Kriege wird 1809 ein "Corps Bairischer Gebirgsschützen" zum Schutze gegen einfallende feindliche Tiroler aufgestellt. Die hiesige Füsilierkompanie bzw. Bürgerwehr-Kompanie ist zu der Zeit 94 Mann stark. 1836 stiftet Herzog Maximilian in Bayern "Seiner getreuen Bürgerkompanie Wolfratshausen" eine große gemalte Schützenscheibe.
Die Wolfratshauser Kompanie hat aber nicht nur Verteidigungsaufgaben, sie wird auch zur Aufrechterhaltung der inneren Ruhe und Sicherheit eingesetzt, wozu Patrouillen, Wachdienst und Feuer-Pickete gehörten.
Kein Geringerer als der bekannte Dichter und Nobelpreisträger Paul Heyse (1830 -1914) hat darüber 1858 in seiner Novelle "Die Hochzeitsreise an den Walchensee" berichtet:
"... die Bürgerwehr von Wolfratshausen, tapfere Kameraden...
und wer die Ruhe stört, Gott mög ihm gnaden!"
Als 1868 der Sitz der Kompanie bzw. 1876 das Bezirkskommando nach München verlegt wird, endet die geschichtsträchtige Zeit der Landwehr in Wolfrathausen.
Gut 100 Jahe später lebt die alte Tradition wieder auf: Am 17. Februar 1983 wird die historische "Gebirgsschützenkompanie Wolfratshausen" wiedergegründet.
Hinzukommen im selben Jahr zur rhythmischen bzw. musikalischen Unterstützung die Trommler und Pfeifer des Spielmannszuges Gelting und 1992 die Musikkapelle Münsing, die beide bei Ausrückungen in die Schützenkompanie integriert sind.
Ihre Montur orientiert sich an den Regeln der Gebirgsschützenordnung von 1848 und ist wie folgt festgelegt: grauer Monturrock mit grünem Kragen und Ärmelstulpen, grüner Stopselhut mit Spielhahnstoß, schwarze Bundlederhose und graue Kniestrümpfe, schwarze Haferlschuhe, Gewehr bzw. Säbel.
Schutzpatron unserer Schützenkompanie ist - in der Tradition der ehemaligen Sebastianibruderschaft - der hl. Sebastian. Er wird als einer der bekanntesten Märtyrer in der christlichen Frühkirche in Rom weltweit verehrt; seit dem 15./16. Jhd. auch in Wolfratshausen - als Pestpatron.
Sein Gedenktag ist der "Sebastiani-Sonntag" am 20. Januar bzw. am nächstgelegenen Sonntag. An diesem Patronatstag begeht auch unsere Schützenkompanie ihren Jahrtag mit einem morgendlichen feierlichen Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche
St. Andreas und der Teilnahme an der abendlichen "Sebastiani-Prozession".
Dazu werden neben dem Landeshauptmann der Bayerischen Gebirgsschützen auch die Kompanien des Loisachgaues und die kamaradschaftlich verbundene Schützenkompanie Lermoos (Tirol) eingeladen.
Der erste offizielle Auftritt der wiedergegründeten Schützenkompanie erfolgt am Patronatstag der Bayerischen Gebirgsschützenkompanien am 06. Mai 1984 in Beuerberg.
Folgende Daten dokumentieren beispielhaft die Ereignisse bzw. Aktivitäten der Gebirgsschützen:
1983 | Wiedergründung der Kompanie |
1987/2002/2006 | Privataudienz bei den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. |
1988/1993 | Teilnahme am Oktoberfestschützen- und Trachtenzug in München |
1989 | Errichtung und Einweihung des Gebirgsschützenheims "St. Sebastiani" |
1990 | Ehrensalut für Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl in Bonn |
1991 | Komposition des "Wolfratshauser Schützen-marsches" durch Andreas Wagner + Text: Ewald Brückl |
1992 | Wolfratshausen stellt Ehrenzug beim Weltwirtschaftsgipfel in München. |
1993 | Weihe einer neuen Kompaniefahne |
1999 | 48. Patronatstag der Bayerischen Gebirgsschützen in Wolfratshausen |
2001 | Wolfratshauser Gebirgschützenkompanie ist Ehrenkompanie beim 60. Geburtstag des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber |
2001 | Am 03. August Einweihung des "Sebatianisteges" mit einem von uns gestifteten Bronzerelief. Auf unsere Initiative hat der "Sebastianisteg" seinen Namen erhalten (Stadtratsbeschluß vom 21.02.2000). |
2005 | Errichtung einer Gedenktafel an der Rathausfassade für die Wolfratshauser Opfer der Sendlinger Mordweihnacht von 1705 |
2006 | Beim Besuch des russischen Präsidenten W. Putin am 11. Oktober in München, ist die Wolfratshauser Gebirgsschützenkompanie Ehrenkompanie |
2008 | 25-jähriges Wiedergründungs-Jubiläum - mit Festgottesdienst an der alten Floßlände und Festzug durch die Altstadt am 8. Juni - Großer Zapfenstreich mit Totenehrung auf dem Marienplatz am Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober - Adventskonzert in der Stadtpfarrkirche St. Andreas mit dem Gebirgsmuskikkorps der Bundeswehr zugunsten des Kindergartens "St. Sebastiani" |
2010 | Teilnahme an der "Historischen Wiesn" anlässlich des 200-jährigen Oktoberfest-Jubiläums |
2011 | Ehrensalut anlässlich des 70. Geburtstages von Ministerpräsident a.D. Dr. Edmund Stoiber in München (vor dem Prinzregententheater) |
2012 | Besuch des Bayerischen Landtages |
2013 | Teilnahme an der "Historischen Wiesn" |
2014 | - Kauf des Gebirgsschützenheimes "St. Sebastiani" von der Bayerischen Städtebau GmbH - Teilnahme am Oktoberfestschützen- und Trachtenzug mit Spielmannszug und Musikkapelle |
2016 | Spendenaktion zugunsten "Sternstunden" des Bayerischen Rundfunks |
2017 | - Politische Bildungsfahrt nach Berlin - Ehrensalut anlässlich der Einweihung des neuen Stadtarchivs (an der Bahnhofstr.) |
2018 | - Kommandant Hauptmann Ewald Brückl (1983 - 2018) übergibt das Kommando an seinen Nachfolger Rainer Lorz - Ehrensalut für den Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Heiko Maas (am 1. September) - Verleihung der Bürgermedaille der Stadt Wolfratshausen an Ehrenhauptmann Ewald Brückl - Großer Zapfenstreich mit Totenehrung auf dem Marienplatz am Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober anläßlich 100 Jahre Ende des 1. Weltkrieges |
2019 | - Besuch des Flottendienstbootes "Oste" in Eckernförde. |
2020 | --Landespatronatstag wegen Corona Pandemie abgesagt. - Das Vereinsleben ruht ab Anfang März. |
2021 | - Landespatronatstag wegen Corona abgesagt. - Geburtstagssalut für Ministerpräsident a.D. und Ehrenleutnant Dr. Edmund Stoiber zum 80. auf der "Alten Floßlände". - Aushändigung der Verdiensmedaille der Bundesrepublik Deutschland an Ehren- Hauptmann Ewald Brückl (im Rahmen der Stadtratssitzung am 13.12.) |
Wenn auch heute die Verteidigung der Heimat in anderen Händen ist, so liegt die Bedeutung der Gebirgsschützen nicht nur in der Traditionspflege. Aufgabe der Gebirgsschützenkompanie ist es, insbesonders alpenländische Sitte und wehrhaftes Brauchtum zu erhalten und weiterzugeben sowie die in der jahrhundertealten Tradition begründeten Verpflichtungen zum Schutze und zur Pflege der Heimat zu wahren.
Ehrenoffiziere und Ehrenmitglieder
Ehrenoffiziere
Brückl Ewald (Ehrenhauptmann)
Weindauer Albert (Ehrenoberleutnant)
Hirsch Helmut (Ehrenleutnant)
Ehrenmitglieder
Brockard Erich (Ehrenleutnant)
Stoiber Edmund Dr. (Ehrenleutnant)
Nagler Manfred (Ehrenleutnant)
Baur Liselotte
Brönner Reiner
Forster Helmut
Inselkammer Franz
Landstorfer Eduard
Letzte Aktualisierung: 03. Februar 2021